Praxis- & Zoomseminare: Berichte

 

Übersicht

2023

  • 16./17. Dezember                    Praxisseminar Zwergschnepfenfang
  • 08.-10. Dezember                    Praxisseminar Fallenbau

2024

  • 12.-14. Januar                         17. Praxisseminar Fang von Greifvögeln und Eulen
  • 26.-28. Januar                         7. Praxisseminar Fang von Greifvögeln und Eulen
  • 09. Februar                              Zoom-Vortrag "Sahara - Sand und Sanderlinge - Ringablesungen in Mauretanien"
  • 01. März                                   Zoom-Vortrag "Radiotelemetrie von Singvögeln rund um die Nordsee"
  • 15. März                                   Zoom-Vorträge zum Thema "Steinadler"

 

Praxisseminar Zwergschnepfenfang

mit Michael Wimbaer, 16./17. Dezember 2023, Edersee und Edertal (Hessen)

Auf den Spuren von August Boley (1894-1981), dem Onkel meines Schwiegervaters, der Ornithologe und Beringer im Raum Fritzlar war, machte ich mich auf dem Weg von Schleswig Holstein nach Hessen, um an dem ProRing Praxisseminar Zwergschnepfenfang teilzunehmen. Nach einem Vormittag in Fritzlar, fuhr ich die kurze Strecke nach Bad Wildungen– Hundsdorf zu Michael Wimbauer, der das Seminar leitete, und die Biologin Jaqueline Bienhaus, die ihn tatkräftig unterstützte. Die anderen Teilnehmer des Seminars, Christian Höfs, Sven Portig und Wolfgang Gottschalk trafen ein und ohne viel Aufhebens fuhren wir los, um die ersten Zwergschnepfen zu suchen. Ausgestattet mit vier Wärmebild-kameras suchten wir eine Fläche auf der Lohbacher Wiesen nach Zwergschnepfen ab. Nach ein paar Fehlmeldungen - nur Mäuse - wurden wir fündig. Das zwischen zwei Stangen gespannte Japannetz wurde waagerecht über die Zwergschnepfe gelegt und das Tier war gefangen.

Zwergschnepfe unter dem Netz gefangen. Foto D. M. Fleet.

 

Die Freude war groß und der Erfolg spornte uns an, weitere Exemplare zu suchen, was uns auch gelang. Zwei Exemplare schon an der ersten Stelle! Wir waren begeistert. Ein Wiederfang aus einem früheren Jahr, gab uns sogar die Möglichkeit, einen definitiv nicht diesjährigen Vogel mit einem diesjährigen Vogel zu vergleichen.

Der Wiederfang. Foto links: D. M. Fleet; rechts: S. Portig.

 

Wir wechselten den Standort, um an den Ufern des Edersees, in der Bringhäuser Bucht, Zwergschnepfen zu suchen. Hier gelang es uns weitere Zwergschnepfen zu fangen, darunter auch ein Wiederfang. Auf dem Weg, den ersten gefangenen Vogel zu befreien, überquerten wir eine Fläche, auf der sich andere Zwergschnepfen versteckten. Leider flogen sie auf und davon. Lektion gelernt! Da mehrere Schnepfen an einem Ort locker versammelt sein können, sollte man erst die Umgebung mit der Wärmebildkamera absuchen, bevor man sie betritt. Trotzdem gelang es uns drei der sieben Zwergschnepfen, zu fangen, die wir in diesem Gebiet entdecken konnten. Nebenbei wurden mit einem 6 m Netz über dreißig Kleinvögel gefangen, darunter verschiedene Meisenarten, ein Sommergoldhähnchen und sogar ein Kleiber. Dabei kamen die Teleskopstangen mit Stangenhalterungen von ProRing zum Einsatz, die ohne viel Aufwand aufgebaut werden können.

Links: Schwanzfedern eines diesjährigen Vogels. Foto: D. M. Fleet. Rechts: Die Suche nach einer Mausergrenze in den Schirmfedern. Foto: S. Portig.

 

Die Feldarbeit wurde zum Schluss mit der Beobachtung von einem Eistaucher am Edersee belohnt. Auf dem Heimweg wurde bis in die Dunkelheit nach Waldschnepfen und Feldlerchen auf den umliegenden Feldern gesucht. Am Abend, bei ein paar Bierchen, hat man sich über Forschungsprojekte ausgetauscht, sowie Geschichten über Birder und weitere Persönlichkeiten aus der Ornithologie erzählt.

Fotos: S. Portig.

 

Am nächsten Tag kam Jan Heckmann hinzu und wir suchten, bei etwas trübem Wetter, auf den Wiesen an der Eder bei Rennertehausen weiter nach Zwergschnepfen. Es gelang uns vier Zwergschnepfen unter etwa 20 Bekassinen zu entdecken, von denen wir nur eine fangen konnten. Weitere Flächen suchten wir erfolglos ab. Wir kehrten aber glücklich, zufrieden und kenntnisreicher nach Hause zurück.

Am Edersee. Foto: C. Höfs.

 

An diesem Wochenende besuchten wir unterschiedliche Lebensräume, in denen Michael in der Vergangenheit Zwergschnepfen gesehen oder sogar gefangen hatte, und bekamen einen sehr guten Eindruck davon, wo in der Landschaft Zwergschnepfen zu erwarten sind. Wir lernten, worauf man mit und ohne Wärmebildkamera zu achten hat, um Zwergschnepfen zu entdecken, und hatten am Ende ein gutes Gefühl dafür, wo in einem bestimmten Biotop die Vögel zu erwarten sind. Wir lernten die Möglichkeiten der Altersbestimmung von Zwergschnepfen kennen und diskutierten deren Anwendbarkeit auf die Vögel, die wir in der Hand hatten. Nicht zuletzt lernten wir neue Freunde und Kollegen kennen. Alles in allem eine runde Sache, für die wir uns bei Michael und Jaqueline herzlichst bedanken wollen.

         Text: David M. Fleet

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Praxisseminar Fallenbau

organisiert von Irina Würtele, Leitung durch Denise Koch, Michael Klein, Peter Ewig & Johannes Amshoff, 08.-10. Dezember 2023, Hamminkeln (Nordrhein-Westfalen)

Am Wochenende 08. bis 10. Dezember 2023 fand ein Fallenbauseminar in Hamminkeln, NRW, statt. Das zweitägige Event bot Teilnehmern und Teilnehmerinnen die Möglichkeit, eine Wasserlocke, ein Whoosh-Netz, eine Bal-Chatri und/oder eine Klangattrappe zu bauen bzw. Material hierfür mitzunehmen. Den 20 Beringern und Beringerinnen, die aus der ganzen Bundesrepublik von Kiel über das Havelland bis zum Bayerischen Wald und den Schwarzwald angereist waren, bot die Akademie Klausenhof einen idealen Veranstaltungsort mit Seminarräumen, Unterkunft, Kantine und exzellent ausgestatteten Werkstätten.

Am Samstagmorgen startete die Veranstaltung mit einer Vorstellungsrunde. Voller Tatendrang ging es direkt danach in die Werkstätten, wo insgesamt vier Kursleiter und Kursleiterinnen ihr Knowhow zur Verfügung stellten. Die Fanggeräte wurden unter sachkundiger Anleitung der erfahrenen Beringer nachgebaut, die sich auch den zahllosen Fragen der angereisten Teilnehmer stellten. Den ganzen Tag über wurde fleißig gehämmert, geflext, geschweißt, geknüpft und lackiert, trotz des enormen Geräuschpegels in den Werkstätten stets begleitet von interessanten fachlichen Diskussionen. Nach getaner Arbeit ließen die Teilnehmer den Abend in geselliger Runde mit weiteren Fachsimpeleien entspannt ausklingen.

Der Sonntag stand ganz im Zeichen von abschließenden Arbeiten und die Fallen wurden teils aufgebaut und demonstriert. Während Whoosh-Netze und Klangattrappen bereits am Samstag fertiggestellt waren, setzte das Team Bal-Chatri zu letzten Handgriffen am Sonntagvormittag an. Die Wasserlocken-Bauer dagegen nahmen noch etwas Arbeit mit nach Hause, so aufwändig und arbeitsintensiv waren diese Fallen. In der Hoffnung auf hervorragende Fangerfolge war die Vorfreude darauf allerdings groß. Nach dem abschließenden Mittagessen freuten sich alle Teilnehmer, ihre neuen Errungenschaften mit nach Hause zu nehmen, um sie in ihren Revieren auszuprobieren. Der Output des Seminars kann sich sehen lassen: acht Whoosh-Netze, neun Bal-Chatris, 16 Wasserlocken und sechs Klangattrappen wurden gebaut bzw. die Bausätze hierfür mitgenommen!

Das Feedback war äußerst positiv und viele äußerten den Wunsch nach weiteren ähnlichen Veranstaltungen in der Zukunft. Das Wochenendseminar war somit eine Bereicherung für alle Beteiligten und diente dazu, Wissen und Networking unter Beringern aus unterschiedlichsten Disziplinen zu fördern. Großer Dank geht an Michael Klein, Peter Ewig, Denise Koch und Johannes Amshoff für die Seminarleitung und dafür, dass sie ihre Erfahrungen und technisches Fachwissen zur Verfügung gestellt haben, sowie Irina Würtele für die hervorragende Organisation!

Text: Nadja Tschovikov

Gruppenfoto mit selbstgebauten Fallen. Foto: Denise Koch.

 

Hinweis: Bauanleitungen können auf Anfrage an Beringerinnen und Beringer zugesendet werden (s. Punkt unter Weiteres). Bei Interesse bitte eine E-Mail an Michael Wimbauer senden (wimbauer@proring.de).

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17. Praxisseminar Fang von Greifvögeln und Eulen

mit Andreas Goedecke, 12.-14. Januar 2024, Beinrode /Eichsfeld (Thüringen)

Mitte Januar fanden sich am traditionellen Seminarort Beinrode/Eichsfeld 20 Teilnehmer zusammen, um sich Theorie und Praxis des Greifvogelfanges zu widmen. Der Theorieteil wurde wieder online per Zoom übertragen und fand auch dieses Mal wieder eine große Zahl interessierter Zuhörer (90 Onlineteilnehmende).

Bei ziemlich guten Bedingungen ging es dann am Samstag und Sonntag mit fünf Teams auf Fangtour. Insgesamt wurden 20 Turmfalken (darunter fünf Kontrollen von Ringvögeln) und drei Mäusebussarde gefangen. Das Ergebnis war etwas niedriger als erwartet, die Vögel waren insgesamt scheinbar zu gut genährt und daher nicht so großes Interesse an unseren Fallen. Nichtsdestotrotz waren alle Teams erfolgreich und alle TeilnehmerInnen konnten einem erfolgreichen Fang beiwohnen.

Text: Andreas Goedecke

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7. Praxissemianr Fang von Greifvögeln und Eulen

Ende Januar fand in Sachsen-Anhalt zum 7. Mal das Praxisseminar Fang von Greifvögel und Eulen statt. Trotz deutschlandweitem Lokführerstreik und Bauernprotesten in Berlin schafften es alle zwölf Teilnehmer*innen rechtzeitig nach Dabrun und konnten bei Kachelofenwärme, selbstgemachter Pizza und u. a. Biervariationen mit den Namen „Stolzer Hahn“ und „Schräger Vogel“ den Abendvorträgen lauschen: Wie fängt man überhaupt Greifvögel und wo werden diese in Sachsen-Anhalt beringt und später wiedergefunden? Von welchen Beringungsorten stammen die Vögel, die in Sachsen-Anhalt abgelesen, gefunden oder gefangen wurden? Was ist bei der Beringung zu beachten und wie bestimmt man das Alter und/oder das Geschlecht der Vögel richtig?

Am Samstag und Sonntag konnten die fünf Fangteams ihr theoretisches Wissen dann im Feld bei Temperaturen von rund 5 °C und Sonnenschein erfolgreich umsetzen. Am Samstagabend wurden zudem noch Waldohreulen am Schlafplatz gefangen. Diese reihen sich in ein Projekt ein, dass Nico Stenschke, Lydia Heinzel und Volker Nickels in Pratau und Umgebung betreiben und welches sich mit den äußeren (Gefieder-) Merkmalen in Bezug zum Geschlecht beschäftigt.

Insgesamt konnten an dem Fangwochenende 13 Turmfalken, sechs Mäusebussarde, ein Raubwürger, ein Raufußbussard und zwei Waldohreulen gefangen werden. Jedes Team war erfolgreich und konnte das bereits erlernte Wissen auch praktisch anwenden.

Nicht nur Neuberingungen konnten verzeichnet werden, unter den gefangenen Turmfalken befanden sich auch zwei mit Ring. Der Vogel mit der Ringnummer IA 146175 wurde am 25. Mai 2022 zusammen mit seinen fünf Nestgeschwistern in Pratau (LK Wittenberg) beringt und beim Seminar nach 612 Tagen 14 Kilometer nordöstlich vom Beringungsort wiedergefangen. Ein weiterer Turmfalke, beringt am 28. April 2022 als vorjähriges Männchen ebenfalls in Pratau, konnte zudem nach 640 Tagen drei Kilometer südwestlich vom Beringungsort kontrolliert werden.

Vielen Dank an den Hauptorganisator Nico Stenschke, die weiteren Fangteamleiter Eike Steinborn, Helmut Brücher, Mark Schönbrodt und Luis Langfeld sowie die tatkräftige Unterstützung von Lydia Heinzel und Axel Schonert!

Text: Susanne Kreutzer

Beim 7. Fangseminar Greifvogel und Eulen in Dabrun gelang die Neuberingung eines Raubwürgers. Foto: H. Lee-Höpfel.

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Zoom-Vortrag "Sahara - Sand und Sanderlinge - Ringablesungen in Mauretanien"

Vortrag von Andreas Goedecke und Rico Spangenberg, Referent: Andreas Goedecke, 09. Februar 2024

Zoom-Seminare erfreuen sich immer mehr großer Beliebtheit, so auch das Seminar am 09. Februar 2024 über eine expeditionsartige Ornithologenreise nach Mauretanien. Über 90 Teilnehmer konnten zum Seminar begrüßt werden.
Zu Beginn des Seminars stellte Andreas Goedecke den doch eher unbekannten Wüstenstaat mit interessanten Schilderungen über das Land mit der weltgrößten Wüste, der Sahara, über die Menschen und deren Kulturen, vor. Unterlegt wurde dieses mit beeindruckenden Bildern.
Bereist wurde das Land von der Hauptstadt Nouakschott aus immer entlang der Küste, zuerst nach Süden mit Ziel Diawling-Nationalpark. Der anschließende Weg in den Norden führte in den Banc d’Arguin-Nationalpark und an die Nordgrenze zu Westsahara. Übernachtet wurde zwei Mal in einem Hotel in der Hauptstadt und bei den anderen sieben Übernachtungsstopps nur in Zeltcamps in der Sahara (s. folgende Fotos).

 

Die Reisegruppe bestand aus elf Reiseteilnehmern aus Deutschland und Österreich, aus zehn gestandenen Ornis und einem Tierfotografen. Für das Wohl und die aufwändige Logistik – immerhin mussten bei Stopps immer wieder die Zelte neu auf- und abgebaut und das Verpflegungsequipment bereitgestellt werden - sorgten sechs einheimische Begleiter und der Guide. Der Transport mit fünf gelände- und saharatauglichen Rovern war nicht immer risikoarm.

Besonders spannend dann der ornithologische Teil des Abendvortrages. Die Westküste Mauretaniens mit ihren riesigen Feucht-gebieten im Diawling-Nationalpark und den Salinenlandschaften im Norden ist bekannt für die große Anzahl überwinternder euro-päischer Vögel wie z. B. Fischadler, Löffler, Sanderling, Bachstelzen, Schafstelzen, Braunkehlchen, und verschiedene Limikolenarten. An einheimischen Arten waren u. a. anzutreffen:  Weißbrustkormoran, Rosapelikan, verschiedene Reiher, Streifenlist (Foto unten), Blauwangenspinte und Kaptäubchen.

 

Am Ende der Reise konnten Nachweise von insgesamt 205 Vogelarten erbracht werden.

Für die Reiseteilnehmer Andreas Goedecke, Dieter Kronbach und Rico Spangenbergt, allesamt Beringer und ProRing-Mitglieder, war das Ziel der Reise noch ein ganz konkreteres, nämlich die Ablesung beringter Vögel. Andreas und Rico, den Hauptakteuren bei der Ringablesung, gelang das mit viel Aufwand beeindruckend.

Links: Sanderling; Rechts: Ringableser in Aktion

 

Die Ergebnisse der Ablesungen:

Zwölf Arten mit 76 Individuen: Fischadler, Brandseeschwalbe, Raubseeschwalbe, Flussseeschwalbe, Zwergseeschwalbe, Rüppelseeschwalbe, Heringsmöwe, Dünnschnabelmöwe, Sanderling, Steinwälzer, Uferschnepfe und Löffler
14 Nationen: Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Italien, Libyen, Mauretanien, Niederlande, Norwegen, Schottland, Schweden, Slowenien, Spanien

Fischadler

 

Die Zoomteilnehmer bekamen durch den Vortrag einen recht guten Eindruck von der Avifauna dieses weitgehend unbekannten und selten so bereisten westafrikanischen Landes. Wie immer gab es nach dem Vortrag Gelegenheit, sich ausgiebig über alles rund um die sehr spezielle Reise auszutauschen. – Im Nachgang zu dieser Reise bietet ProRing-Mitglied Hartmut Meyer von Bartmeise-Reisen (www.bartmeise.de) an, Reisen in dieses touristisch kaum erschlossene Land für Gruppen ab sechs Teilnehmern auszurichten. ProRing würde gerne für die kommende Wintersaison eine reine Ablesereise nach Mauretanien organisieren. Interessenten dafür melden sich bitte bei Andreas Goedecke (goedecke@proring.de).

Text: Dieter Kronbach, Fotos: Rico Spangenberg und Dieter Kronbach

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Zoom-Vortrag "Radiotelemetrie von Singvögeln rund um die Nordsee"

Vortrag von Thiemo Karwinkel, 01. März 2024

Das Seminar zum Thema „Radiotelemetrie von Singvögeln rund um die Nordsee - von der Grundlagenforschung bis zum Artenschutz“ von Thiemo Karwinkel, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Oldenburg, war mit knapp 80 Teilnehmern sehr gut besucht. Thiemo hielt einen sehr anschaulichen Vortrag über den Nutzen der Radiotelemetrie für verschiedene Fragestellungen der Grundlagenforschung, des Artenschutzes und der Ökologie. Er erläuterte, wie die Amsel mit dem "Handy unter dem Flügel" Daten liefert und wie die "Radios der Sendestationen" die Signale der Sender empfangen. Daran wird nun mancher Teilnehmer nun denken, wenn er sein Handy benutzt und das Radio einschaltet. Die lebhafte Fragerunde im Anschluss zeigte, dass das Thema für viele interessant, aber auch sehr komplex ist. Die Evolution und/oder individuelle Entscheidungen spielen hier eine große Rolle und machen einfache Erklärungen fast unmöglich. Eine Antwort wirft gleich mehrere neue Fragen auf. Uns allen wurde schnell klar, dass es unglaublich viele Möglichkeiten gibt, diese Methode zur Beantwortung von Fragen einzusetzen – nicht nur an der Nordsee, sondern auch an der Ostsee und auf dem Festland. Ein Teilnehmer schlug vor, Interessierten die Möglichkeit zu bieten, die Sendestationen mit Hausantennen etc. zu verbinden, sodass deutschlandweit viel mehr Daten durch Citizen Science gewonnen werden könnten. "Gerne, wenn es jemand entwickelt", war Thiemos Antwort, denn nicht nur die Ausstattung, sondern auch die Finanzierung erschwert solche Ansätze natürlich. Thiemo selbst hofft, dass die derzeitige Methode der Radiotelemetrie, z. B. über das MOTUS-Netz, gar nicht mehr nötig sein wird, sondern dass mit fortschrittlicheren Methoden die Daten ohne diesen Aufwand viel schneller und in größerer Menge gewonnen werden können. Und wir hoffen, dass hier noch viel zu gewinnen ist und dass Thiemo uns Laien die komplexen neuen Erkenntnisse dann noch einmal anschaulich und verständlich erklärt.

Text: Natalie Wellbrock

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Zoom-Vorträge zum Thema "Steinadler"

Vorträge von Kamran Safi und Rebekka Kreikenbohm, 15. März 2024

Der Steinadler ist eine Vogelart, die wohl kaum eine Beringerin oder ein Beringer einmal in die Hand bekommt. Umso spannender war es für die über 90 Teilnehmenden des Zoom-Seminars am 15. März 2024 in zwei sehr anschaulichen Vorträgen Neues aus der Forschung über diese eindrucksvolle Spezies zu erfahren. Dabei wurden Ergebnisse aus dem grenzübergreifenden Steinadlerprojekt präsentiert, welches vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie (Radolfzell) in enger Zusammenarbeit mit der Konrad Lorenz Forschungsstelle für Verhaltens- und Kognitionsbiologie der Universität Wien (Grünau im Almtal) und der Schweizerischen Vogelwarte Sempach koordiniert wird und an dem u. a. auch der Nationalpark Berchtesgaden und der Nationalpark Stelvio in Südtirol beteiligt sind. Dabei wurden seit 2017 bisher 97 junge Steinadler mit solarbetriebenen GPS-Sendern ausgestattet, die zudem über Beschleunigungsmesser Hinweise darauf geben, ob der Vogel frisst, ruht oder fliegt.

Im ersten Vortrag mit dem Titel „Von der Wiege zum Territorium – Was die Wander- und Lehrjahre der Jungsteinadler beinhalten“ berichtete der Leiter des Steinadlerprojektes Kamran Safi (Forschungsgruppe Tier-Umwelt Interaktionen am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie) über die ersten vier Lebensjahre dieser besenderten Vögel. Es zeigte sich, dass die jungen Adler nach dem Verlassen des Horstes zunächst noch die meiste Zeit im elterlichen Revier verbringen, von dem aus sie immer wieder mehrere Ausflüge machen, bevor sie dieses spätestens im April des Folgejahres endgültig verlassen. Gut genährte Jungvögel emigrieren dabei früher aus dem Territorium der Eltern als solche, die schlechter von ihren Eltern mit Nahrung versorgt wurden. Haben sich die Jungadler „abgenabelt“, dringen sie in einen Bereich vor, in dem sich aufgrund der hohen Dichte von etwa 1.300 bis 1.500 Revieren im Alpenraum ein Steinadlerrevier an das nächste anschließt. Um Konflikte mit Revierinhabern zu vermeiden, hielten sie sich meist in kleinen Bereichen zwischen den Revieren auf. Es konnte beobachtet werden, dass die jungen Vögel in der ersten Zeit vor allem Aas (Fallwild) als Nahrungsquelle nutzen. Darüber hinaus verdeutlichte Kamran Safi, dass „Fliegen wie ein Adler“ gelernt sein muss. Erst mit zunehmendem Alter erlangen die jungen Adler die Fähigkeit, die aufsteigende Thermik und nicht nur vorhersagbare Aufwinde an Bergkanten für den Segelflug richtig zu nutzen. Schließlich zeigte er in einem kurzen Video, wie aufwändig der Fang eines fast flüggen Jungadlers am Nest und dessen Besenderung sind, wobei zahlreiche helfende Hände benötigt werden.

Im zweiten Vortrag des Abends mit dem Titel „Einfluss von Wetter und Klima auf die Brutleistung der Steinadler in den Nördlichen Kalkalpen“ sprach Rebekka Kreikenbohm über die Ergebnisse ihrer Masterarbeit im Rahmen des Steinadlerprojektes, welche an der Konrad Lorenz Forschungsstelle betreut wurde. Wider Erwarten konnte sie nach Verknüpfung von Brutdaten aus 92 Steinadlerrevieren mit Wetterdaten keine deutlichen direkten Effekte von Wetterbedingungen auf Schlupf- und Bruterfolg nachweisen. Vielmehr scheinen die komplexen Wettereinflüsse, wenn überhaupt, eher indirekt über die Nahrungsverfügbarkeit den Bruterfolg zu beeinflussen. Auch Extremwetterereignisse wie starker Schneefall während der Bebrütungsphase kann zu Brutverlust führen. Aber am wahrscheinlichsten ist die von ihr beobachtete Abnahme des Bruterfolgs auf menschliche Störungen in Horstnähe zurückzuführen. Die hohe touristische Nutzung des Alpenraums muss daher so geleitet werden, dass Steinadler ungestört brüten können.

Die rege Diskussion am Ende der Veranstaltung verdeutlichte, wie viele Fragenstellungen es noch im Leben von Steinadlern zu untersuchen gibt. Wer noch im Nachhinein einen Einblick in die Forschungsergebnisse des Steinadlerprojektes haben möchte, kann auf Anfrage bei Arndt Wellbrock (wellbrock@proring.de) eine PDF-Datei von einem Übersichtsartikel in der Zeitschrift Ornis zugesendet bekommen.

Steinadler in den Schweizer Alpen (NP Pfyn-Finges; Foto: Giles Laurent; Wikimedia Commons; Fotoausschnitt).

 

Text: Arndt Wellbrock