Zoom-Vorträge zum Thema "Steinadler"
Vorträge von Kamran Safi und Rebekka Kreikenbohm, 15. März 2024
Der Steinadler ist eine Vogelart, die wohl kaum eine Beringerin oder ein Beringer einmal in die Hand bekommt. Umso spannender war es für die über 90 Teilnehmenden des Zoom-Seminars am 15. März 2024 in zwei sehr anschaulichen Vorträgen Neues aus der Forschung über diese eindrucksvolle Spezies zu erfahren. Dabei wurden Ergebnisse aus dem grenzübergreifenden Steinadlerprojekt präsentiert, welches vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie (Radolfzell) in enger Zusammenarbeit mit der Konrad Lorenz Forschungsstelle für Verhaltens- und Kognitionsbiologie der Universität Wien (Grünau im Almtal) und der Schweizerischen Vogelwarte Sempach koordiniert wird und an dem u. a. auch der Nationalpark Berchtesgaden und der Nationalpark Stelvio in Südtirol beteiligt sind. Dabei wurden seit 2017 bisher 97 junge Steinadler mit solarbetriebenen GPS-Sendern ausgestattet, die zudem über Beschleunigungsmesser Hinweise darauf geben, ob der Vogel frisst, ruht oder fliegt.
Im ersten Vortrag mit dem Titel „Von der Wiege zum Territorium – Was die Wander- und Lehrjahre der Jungsteinadler beinhalten“ berichtete der Leiter des Steinadlerprojektes Kamran Safi (Forschungsgruppe Tier-Umwelt Interaktionen am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie) über die ersten vier Lebensjahre dieser besenderten Vögel. Es zeigte sich, dass die jungen Adler nach dem Verlassen des Horstes zunächst noch die meiste Zeit im elterlichen Revier verbringen, von dem aus sie immer wieder mehrere Ausflüge machen, bevor sie dieses spätestens im April des Folgejahres endgültig verlassen. Gut genährte Jungvögel emigrieren dabei früher aus dem Territorium der Eltern als solche, die schlechter von ihren Eltern mit Nahrung versorgt wurden. Haben sich die Jungadler „abgenabelt“, dringen sie in einen Bereich vor, in dem sich aufgrund der hohen Dichte von etwa 1.300 bis 1.500 Revieren im Alpenraum ein Steinadlerrevier an das nächste anschließt. Um Konflikte mit Revierinhabern zu vermeiden, hielten sie sich meist in kleinen Bereichen zwischen den Revieren auf. Es konnte beobachtet werden, dass die jungen Vögel in der ersten Zeit vor allem Aas (Fallwild) als Nahrungsquelle nutzen. Darüber hinaus verdeutlichte Kamran Safi, dass „Fliegen wie ein Adler“ gelernt sein muss. Erst mit zunehmendem Alter erlangen die jungen Adler die Fähigkeit, die aufsteigende Thermik und nicht nur vorhersagbare Aufwinde an Bergkanten für den Segelflug richtig zu nutzen. Schließlich zeigte er in einem kurzen Video, wie aufwändig der Fang eines fast flüggen Jungadlers am Nest und dessen Besenderung sind, wobei zahlreiche helfende Hände benötigt werden.
Im zweiten Vortrag des Abends mit dem Titel „Einfluss von Wetter und Klima auf die Brutleistung der Steinadler in den Nördlichen Kalkalpen“ sprach Rebekka Kreikenbohm über die Ergebnisse ihrer Masterarbeit im Rahmen des Steinadlerprojektes, welche an der Konrad Lorenz Forschungsstelle betreut wurde. Wider Erwarten konnte sie nach Verknüpfung von Brutdaten aus 92 Steinadlerrevieren mit Wetterdaten keine deutlichen direkten Effekte von Wetterbedingungen auf Schlupf- und Bruterfolg nachweisen. Vielmehr scheinen die komplexen Wettereinflüsse, wenn überhaupt, eher indirekt über die Nahrungsverfügbarkeit den Bruterfolg zu beeinflussen. Auch Extremwetterereignisse wie starker Schneefall während der Bebrütungsphase kann zu Brutverlust führen. Aber am wahrscheinlichsten ist die von ihr beobachtete Abnahme des Bruterfolgs auf menschliche Störungen in Horstnähe zurückzuführen. Die hohe touristische Nutzung des Alpenraums muss daher so geleitet werden, dass Steinadler ungestört brüten können.
Die rege Diskussion am Ende der Veranstaltung verdeutlichte, wie viele Fragenstellungen es noch im Leben von Steinadlern zu untersuchen gibt. Wer noch im Nachhinein einen Einblick in die Forschungsergebnisse des Steinadlerprojektes haben möchte, kann auf Anfrage bei Arndt Wellbrock () eine PDF-Datei von einem Übersichtsartikel in der Zeitschrift Ornis zugesendet bekommen.
Text: Arndt Wellbrock
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